/automatenliteratur/haiku/index.htm
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automatenliteraturbiennale 2000 - haikus

die form der einzusendenden literatur war das haiku.
es handelt sich dabei um ein japanisches kurzgedicht ohne endreim.
17 silben verteilen sich wie folgt auf 3 zeilen: 5 + 7 + 5
eine weitere wichtige anforderung ist, dass das gedicht ein
jahreszeitenwort enthaelt. dies kann ein unmittelbares wort, wie z.B.
"fruehlingsregen", "sommerbaeume", "herbstabend" und "winterruhe"
sein, oder aber auch nur ein mittelbares, wie etwa die woerter
"pflaumenbluete", "bauernrosen", "asternbluete" und "kiefernzweige".
ein klassisches beispiel fuer ein haiku ist folgendes gedicht des
japanischen haiku-dichters basho (1644-1694):

so viele dinge
ruft in das gedaechtnis mir
die kirschenbluete

die eingeschickten beitraege konnten per telefon abgehoert werden
- vorgelesen von einem automaten.(anleitung)

anlaesslich einer praesentation im buffet-automaten in berlin im
oktober 2001 erschien ein ringbuechlein [image] als numeriertes
multiple (50 stueck).

© der einzelnen beitraege bei den autoren
dank an alle, die mitgemacht haben.
speziellen dank an sandra, die bauanstalt und nicolai.

 

die beitraege
(in ungefaehrer reihenfolge der teilnahme):

michael geldmacher - herbstdepression [soundfile]

unmöglich es ist
mit japanischen namen
haikus zu dichten

 

michael geldmacher - haiku 2 [soundfile]

vierhundert jahre du bist,
nicht gut aussehen wirst du,
oi joi joi

 

roland merz - liebesluege (2 haikus) [soundfile]

Septembers gescheh'n,
des Herbstschnees schnelles Schmelzen
- Schemen gewesen;

Frühling blüht in mir,
fühl' ich süß, sing' sündig's Lied.
Wüßt' sie's, früh ging' sie...

 

olaf hamann
- haiku passend zum herbstwetter in muenchen
[soundfile]

November Niesel:
nass, kalt, grau; keine Sonne.
Kerze, wärme mich!

Variation:
November Niesel:
nass, kalt, grau; keine Sonne.
Käthe, wärme mich!

 

rolf ganzer [soundfile]

Spätherbst, dunkelgrau.
Alle Blad'l san am Bod'n.
'sko nur besser wern.

 

regina baierl und matthias castorph [soundfile]

im frühen dämmer
zarte schneeglöckchen duften
amsel bestätigt

 

oliver keidel [soundfile]

Ach jeh, November:
Ich trag dann Sicherheitskragen
aus dickem Stahlblech.

 

miryam neugebauer [soundfile]

Im Sommerwinde
hebt enthüllend sich der Rock
der Orangenhaut

 

florian heiss [soundfile]

Kekse im Bette
Wachsenmodel an der Wand
Weihnacht liegt weiss da.

 

birgit meissner (b) und alex ruehle (a) [soundfile]

a Sie knackt Walnüsse.
Plötzlich fächert die Hand still
Sich auf : "Mist, zu lang."

b Das Haiku fließt mir
Aus der Feder wie nichts sonst
Im Dezember fließt.

a Rotwollne Socken
Die Zehen zählen Silben
Stilles Glück um 5.

b Das Milchglas steht schräg
Taumelnder Schwerpunkt es rollt
und klirrt fein wie Eis.

a "Das Milchglas seht schräg."
Ich küss ihren weißen Bauch.
"Lass, ich muß dichten."

b Jahreszeitenwort
Findet sich nicht stattdessen
- Willst Du auch Kaffee?

a Küsse am Kühlschrank.
Die Jacke hakt, als sie fragt:
Willst Du auch Kaffee?

b Bordsteingeräusche
Nackenschaudern beim Anblick
Spiegelnder Pfützen

a Milbertshofener
Dämmerung, Graugelb und nass.
Die Luft riecht nach Schnee.

 

florian mitgutsch
- 4 haikus zu den jahreszeiten
[soundfile]

Ganze Körper stehn
früh links, spät rechts am Kanal
und warten darauf.

Fruchtige Schenkel:
sie winken ohne Haare.
der Sommer ist da!

Die Augenbraue
strickt das keusche Dreieck nach.
Herbste Enttäuschung.

Haarlose Blicke
im Winter tief tief im Schnee.
Eisig glatt rasiert.

 

hennink stoeve [soundfile]

Etagenheizung!
Kohleofen wär auch blöd,
Winter in Berlin.

 

felicia zeller [soundfile]

Viele Versuche
der Regen fällt langsam
ich alter Japaner

 

marion pfaus [soundfile]

Bald ist Weihnachten
Ja bald ist Weihnachten da
Juhu fallera

 

peter thaler [soundfile]

Ein fallend Herbstblatt:
windet sich von hier nach dort
und wieder zurück.

 

felicia zeller - haiko [soundfile]

verkleidet als Herbst
Haiko im Ballettkostüm
Blätter am Hoden

 

anja langenbacher [soundfile]

wiederkäuende
Riesen zermalmen Halme
in fetten Wiesen

 

anja langenbacher [soundfile]

ne Mandarine
schaut mich traurig an, träumte
stumm von Agadir

 

benjamin seide [soundfile]

eine filmdose
wohl vergessen von gästen
tabak wär praktisch

 

bernadette paassen [soundfile]

ich schneide das brot.
es ist hart aber lecker.
nun geht's mir besser.

 

edina kontsek [soundfile]

Draußen ist mir kalt,
drinnen ist mir unheimlich,
dazwischen gibts nichts.

 

nicolai albrecht (aus thailand) [soundfile]

Nicht die Fischschwaerme
tauchen im Herbst allein tief
auch Geister der Nacht.

 

anna henckel-donnersmarck [soundfile]

Regen in der Stadt:
Der Asphalt schwankt hin und her.
Ich kann nicht mehr steh'n.

 

sandra scheler [soundfile]

Durchs Schneegestöber
der Widerwille mich treibt
Brezen zu holen

 

sandra scheler [soundfile]

In Meerestiefen
ein gelbes Unterseeboot
ohne Jahreszeit

 

patrik saran [image]

ich muss verhindern
zweitausendsechsunddreißig,
die fax-kündigung

 

patrik saran [image]

völlig bedröhnt
fliegt die kuh auf der wiese,
ist wohl 'ne high-kuh

 

uebersetzung aller beitraege auf englisch mittels babelfish
von florian heiss [message window]

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